Unternehmen investieren große Summen in den innerbetrieblichen Brandschutz: Brandmeldeanlagen, Löschtechnik, Fluchtwege, technische Schutzsysteme, Schulungen. Doch ein Aspekt bleibt oft unbeleuchtet – und genau hier entstehen immer häufiger die Risiken: der Bereich außerhalb der Gebäude, der sogenannte Perimeter. Dort entscheidet sich, ob ein Brand überhaupt die Chance hat, sich auszubreiten, Schaden anzurichten oder den Betrieb lahmzulegen. Und genau dort zeigt sich, wie eng Sicherheitsmanagement und Brandschutz in Wirklichkeit miteinander verknüpft sind.

Wenn man mit Unternehmern oder technischen Leitern spricht, hört man häufig dieselbe Annahme: „Draußen kann ja nicht viel passieren. Die Gefahr beginnt erst drinnen.“ Doch diese Sichtweise greift zu kurz. Die Realität zeigt ein anderes Bild. Viele Brandereignisse entstehen nicht im Inneren eines Gebäudes, sondern im Umfeld des Betriebes – dort, wo weniger Kontrolle besteht, wo Risiken leichter übersehen werden und wo Sicherheitslücken oft noch nicht mitgedacht wurden. Der Perimeterschutz bildet daher nicht mehr nur die Außenhaut eines Unternehmens, er ist längst integraler Bestandteil des Brandschutzes.

Gerade moderne Betriebe – von Produktionsanlagen über Logistikzentren bis zu Gewerbeparks – stehen vor neuen Herausforderungen. Die Komplexität ihrer technischen Anlagen nimmt zu. Gleichzeitig steigt die Außenlagerung von Materialien, die Zahl der Fahrzeugbewegungen wächst, Ladezonen werden rund um die Uhr genutzt, und viele Unternehmen lagern Energieträger oder Abfallstoffe im Freien. All diese Faktoren schaffen potenzielle Zündquellen, verstärken Feuerlasten oder erschweren im Ernstfall den Zugang für die Feuerwehr.

Der Perimeterschutz unterliegt in der Praxis einer Art Wahrnehmungslücke: Er gilt als Thema der Zutrittskontrolle, Kameratechnik oder Einbruchprävention. Brandschutz dagegen wird traditionell als rein internes Thema verstanden – geregelt durch Normen, behördliche Auflagen und technische Systeme im Gebäude. Doch die Grenzen zwischen beiden Bereichen verschwimmen zunehmend. Aus Sicht des Risikomanagements ist diese Trennung ohnehin künstlich. Unternehmen müssen heute ganzheitlich denken: Sicherheit endet nicht an der Haustür; sie beginnt am Grundstückszaun.

Warum ist das so? Weil sich die Bedingungen verändert haben. Ein Beispiel: Akkuladestationen für Stapler oder E-Fahrzeuge werden häufig außen platziert – das ist praktisch, aber brandschutztechnisch riskant. Gleiches gilt für Müllplätze, die oft weit weg von der Produktionshalle stehen sollen und dadurch aus dem Blickfeld geraten. Oder Palettenlager im Freien, die bei starkem Wind brennbare Partikel über mehrere Meter transportieren können. Selbst ein harmloser Papiercontainer kann im Außenbereich durch Brandstiftung, Funkenflug oder Fehlverhalten zu einem massiven Ereignis werden.

Perimeterschutz betrifft aber nicht nur Objekte, sondern auch Wege. Ein schlecht gesicherter Außenbereich kann Fluchtwege, Sammelplätze oder Feuerwehrzufahrten beinträchtigen – manchmal unbemerkt über Jahre. In vielen Betrieben sind Außenflächen über Wochen verstellt, weil sie nie im Sicherheitskonzept berücksichtigt wurden. Im Ernstfall bedeutet das: Einsatzkräfte verlieren wertvolle Zeit, Evakuierungszonen sind unbrauchbar, und die Verantwortung liegt letztlich beim Betreiber.

Sorgfaltspflicht

Die eigene Sorgfaltspflicht endet nicht dort, wo das Gebäude endet. Betreiberpflichten – ob aus ABGB (Verkehrssicherung), Gewerberecht, Arbeitnehmerschutz oder Brandschutzvorschriften – beziehen den gesamten Betriebsbereich ein. Wird ein Risiko im Außenbereich übersehen und kommt es zu einem Schaden, steht das Unternehmen in der Haftung. Versicherer werden zunehmend strenger. Gutachter prüfen heute nicht nur Brandabschnitte und Innenräume, sondern genauso Außenflächen, Zufahrten, Abstellbereiche und technische Außeneinrichtungen.

Viele Unternehmer erkennen den Wert eines integrativen Ansatzes erst dann, wenn ein Schaden eingetreten ist. Ein Brand im Müllcontainer, ein angezündeter Außenstuhl, eine defekte Außenleuchte, eine überhitzte Ladezone – all das sind reale Szenarien, die bereits zahlreiche Betriebe betroffen haben. Manche davon mit verheerenden Folgen: Nicht wegen der Größe des Brandes, sondern wegen seiner Position. Ein Brand direkt an der Fassade führt schneller zur Durchzündung, ein Brand an einem Tor kann die gesamte Warenlogistik stundenlang lahmlegen, und ein Brand im Außenlager kann Sprinkleranlagen überfordern oder eine Einsatzleitung völlig anders fordern, als geplant war.

Moderne Sicherheitskonzepte begreifen den Perimeter als aktive Schutzzone. Hier beginnt die Risikobeurteilung. Hier entscheidet sich, ob ein Feuer früh erkannt, eingedämmt oder verhindert wird. Auch technologische Entwicklungen verändern das Bild. Videoanalysesysteme erkennen heute Hitzeanomalien, Rauchentwicklung oder untypische Bewegungen in Echtzeit. Intelligente Sensornetze können Temperaturanstiege im Außenbereich melden, bevor ein Brand sichtbar wird. Zutrittssysteme lassen sich mit Brandmeldeanlagen koppeln. Aber Technologie ersetzt nicht die strategische Betrachtung. Sie kann nur so gut sein, wie das Konzept, das sie trägt.

Der wichtigste Schritt besteht darin, den Perimeter nicht länger als „Nebenschauplatz“ zu betrachten. Vielmehr sollte er als aktive Sicherheitszone gestaltet werden, die klare Regeln, klare Zuständigkeiten und klare Schutzziele besitzt. Dazu gehört, dass Unternehmen festlegen, welche Bereiche besonders gefährdet sind, wo Zündquellen auftreten können, welche Materialien draußen lagern dürfen, wo Heat-Maps für Risiken entstehen und wie Feuerwehr, Mitarbeiter und Logistik im Ernstfall interagieren.

Dieser strategische Ansatz zahlt sich mehrfach aus: Er minimiert Haftungsrisiken, senkt Versicherungsprämien, steigert die Betriebssicherheit und schafft ein realistisches, ganzheitliches Sicherheitsbild. Gleichzeitig stärkt er den professionellen Eindruck des Unternehmens gegenüber Behörden, Kunden und Partnern. In vielen Branchen entwickeln sich Perimeter-Brandschutzkonzepte vom optionalen Zusatz zur impliziten Voraussetzung für Genehmigungen, Zertifizierungen oder Versicherungsverträge.

Wichtig

Der Perimeterschutz ist die erste Verteidigungslinie gegen Gefahren – und er ist zugleich ein hochwirksamer Hebel zur Stärkung der gesamten Sicherheitsarchitektur. Wer ihn ernst nimmt, erhöht die Resilienz seines Unternehmens und senkt gleichzeitig das Risiko, dass ein einziges Brandereignis den gesamten Betrieb lahmlegt. In einer Zeit, in der Schadenssummen steigen, Versicherungen kritischer werden und technologische Komplexität zunimmt, ist das kein Luxus. Es ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit.

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