Silvester und Feuerwerk

Wenn der Ausnahmezustand zum brandschutz- und feuerpolizeilichen Thema wird
Silvester ist kein gewöhnlicher Tag.
Er markiert einen Übergang, unterbricht Routinen und verschiebt Grenzen – zeitlich, organisatorisch und im Verhalten von Menschen. Genau diese Besonderheit macht den Jahreswechsel emotional. Aus Sicht des Brandschutzes und der Feuerpolizei macht sie ihn zu einem der sensibelsten Zeiträume des Jahres.
Feuerwerk steht dabei sinnbildlich für diese Ausnahmesituation. Es ist Teil der Tradition, gleichzeitig aber eine gezielte Freisetzung von Hitze, Funken und Zündenergie in Umgebungen, die dafür weder geplant noch genehmigt sind. Nicht das einzelne Ereignis ist entscheidend, sondern die Häufung von Zündquellen außerhalb des Normalbetriebs.
Feuerwerk aus brandschutztechnischer Sicht
Technisch betrachtet ist Feuerwerk keine Dekoration, sondern eine mobile, ungerichtete Zündquelle.
Je nach Kategorie entstehen sehr hohe Abbrandtemperaturen, intensiver Funkenflug und nicht vorhersehbare Flugbahnen. Blindgänger und zeitverzögerte Zündungen verstärken dieses Risiko zusätzlich.
Im Unterschied zu stationären Brandrisiken lässt sich Feuerwerk weder baulich abschotten noch technisch kompensieren. Es entzieht sich der klassischen Systematik des vorbeugenden Brandschutzes, der auf Abschottung, Detektion und Löschtechnik basiert.
Gerade deshalb rückt an Silvester der organisatorische Brandschutz in den Vordergrund – und damit unmittelbar auch die feuerpolizeiliche Verantwortung.
Feuerpolizeiliche Einordnung: kein rechtsfreier Raum
Feuerpolizeiliche Vorschriften verfolgen einen klaren Zweck:
Sie sollen Brände verhindern, die Ausbreitung begrenzen und die Sicherheit von Personen gewährleisten. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch an Silvester.
Aus feuerpolizeilicher Sicht ist entscheidend:
Feuerwerk stellt eine potenzielle Brandentstehungsquelle dar
Die Verwendung erfolgt häufig außerhalb genehmigter oder kontrollierter Bereiche
Eine Gefährdung Dritter ist regelmäßig nicht auszuschließen
Daraus ergibt sich, dass Silvester kein Ausnahmezustand im rechtlichen Sinn ist, sondern lediglich ein Zeitraum mit erhöhter Gefährdungslage.
Gebäude, Grundstücke und Verantwortlichkeiten
Feuerpolizeilich relevant ist nicht nur das Zünden von Feuerwerk selbst, sondern auch dessen Auswirkungen auf Gebäude und Grundstücke.
Besonders im Fokus stehen:
Dachflächen, Attiken und Vorsprünge
Balkone und Loggien
Fassaden, insbesondere mit Wärmedämmverbundsystemen
Innenhöfe und Abstellflächen
Funkenflug oder herabfallende Teile können dort Brandlasten entzünden, ohne dass der Zündvorgang selbst wahrgenommen wird. Charakteristisch ist die zeitverzögerte Brandentstehung, die häufig erst lange nach Mitternacht sichtbar wird.
Aus feuerpolizeilicher Sicht ist dabei nicht entscheidend, wer gezündet hat, sondern wo sich die Brandentstehung ereignet hat und welche Sicherungsmaßnahmen unterlassen wurden.
Organisationspflicht statt Einzelverhalten
Feuerpolizeiliche Verantwortung knüpft nicht primär an individuelles Fehlverhalten, sondern an Organisation und Vorsorge.
In Betrieben, Wohnanlagen und öffentlichen Gebäuden umfasst diese Verantwortung insbesondere:
das Entfernen leicht entzündlicher Materialien im Außenbereich
das Freihalten von Flucht- und Rettungswegen
die Sicherstellung der Zugänglichkeit für Einsatzkräfte
die klare Regelung von Zuständigkeiten vor und nach Mitternacht
Dabei geht es nicht um lückenlose Kontrolle, sondern um nachvollziehbare organisatorische Maßnahmen, die geeignet sind, das erhöhte Risiko zu reduzieren.
Der Zeitraum nach Mitternacht aus feuerpolizeilicher Sicht
Ein zentraler Punkt der feuerpolizeilichen Bewertung ist die Phase nach dem eigentlichen Feuerwerk.
Viele Brände entstehen nicht während der größten Aufmerksamkeit, sondern in der Zeit danach – wenn Glutnester unbemerkt bleiben und Gebäude teilweise oder vollständig verlassen sind.
Feuerpolizeilich relevant sind hier insbesondere:
unterlassene Nachkontrollen
fehlende Zuständigkeiten
unbesetzte Gebäude mit erhöhter Brandlast
Gerade diese Phase ist häufig Gegenstand behördlicher Bewertungen, da sich hier zeigt, ob organisatorische Vorsorge tatsächlich getroffen wurde oder nur theoretisch bestand.
Silvester als Bestandteil der Feuerpolizei- und Brandschutzorganisation
Silvester ist kein Sonderfall außerhalb aller Regelwerke.
Er ist ein Zeitraum, in dem sich die Belastbarkeit von Organisation, Zuständigkeit und Vorsorge besonders deutlich zeigt.
Feuerpolizeiliche Vorschriften zielen nicht darauf ab, Traditionen zu verbieten, sondern Risiken beherrschbar zu machen. Das gelingt nicht durch Technik allein, sondern durch vorausschauende Organisation und das Bewusstsein, dass der Normalbetrieb temporär außer Kraft gesetzt ist.
Feuerwerk verändert Rahmenbedingungen.
Feuerpolizei und Brandschutz reagieren darauf nicht mit Emotion, sondern mit Struktur.




