Evakuierung und Räumung – sind wichtig!

Die kürzliche Räumung der Cityarkaden bietet wichtige Einblicke in die Realität von Evakuierungen und zeigt deutlichen Verbesserungsbedarf im Umgang mit Notfallsituationen auf. Obwohl die Räumung insgesamt in wenigen Minuten abgeschlossen war, kamen entscheidende Erkenntnisse zutage, die auf allgemeine Schwächen und Missverständnisse in der Bevölkerung hinsichtlich sicherem Verhalten im Ernstfall hinweisen.
Ein zentrales Ergebnis der Räumung war, dass zivile Personen kaum mit dem richtigen Verhalten in Notfallsituationen vertraut sind. Besonders auffällig war, dass weniger als 10 % der Kunden die gekennzeichneten Fluchtwege nutzten. Stattdessen verließen die meisten das Gebäude über die Haupteingänge, welche ihnen vertrauter und somit sicherer erschienen. Viele Personen empfanden die Fluchtwege aufgrund ihrer Gestaltung – enge, kahle Gänge, laute Lautsprecheransagen und ungewohnte Umgebung – als unangenehm und potenziell bedrohlich, was zusätzlich dazu beitrug, diese Wege als gefährlich und nicht als sicher wahrzunehmen.
Diese Beobachtung unterstreicht ein grundlegendes Problem: Die Orientierung an Fluchtwegkennzeichnungen ist in der Bevölkerung kaum bekannt und wird praktisch nirgendwo systematisch vermittelt. Auch Schulen fokussieren bei jährlichen Räumungsübungen vor allem auf das geordnete Verlassen in Gruppen, vermitteln aber nicht das Verhalten in unbekannten Umgebungen. Dies führt dazu, dass sich Menschen im Ernstfall intuitiv auf bekannte Wege verlassen, selbst wenn diese nicht sicher oder geeignet sind.
Eine weitere wichtige Erkenntnis betrifft die Unterscheidung zwischen Gebäuden mit ortskundigem Personal und solchen, die vor allem von Kunden oder Gästen genutzt werden. Während Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Einrichtung oft zumindest grundlegend mit dem Gebäude vertraut sind, fehlt Besuchern diese Orientierung. Gerade Einkaufszentren, Hotels und öffentliche Einrichtungen stehen hier vor besonderen Herausforderungen.
Außerdem zeigte die Übung, dass die Präsenz von Sicherheits- oder Internes- Personal bei Räumungsübungen zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen kann. Menschen verlassen sich in Übungen stärker auf dieses Personal, was jedoch nicht unbedingt realistischen Bedingungen entspricht und somit ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Evakuierungskapazitäten liefert.
Erfordernis der Diskussion
Daher ist es essenziell, dass eine offene und ehrliche Diskussion über Evakuierung und Räumung geführt wird. Ein einheitliches Konzept kann nicht für alle Situationen und Gebäude gleichermaßen gelten, denn jedes Szenario – sei es im Gesundheitsbereich wie Krankenhäuser und Altenheime, in Einkaufszentren oder Bürogebäuden – verlangt spezifische Ansätze und Maßnahmen. Auch ist es wichtig, die Kompetenzbereiche klar zu definieren. Nicht jede Evakuierung ist zwangsläufig ein Fall für Feuerwehr oder Brandschutz, insbesondere da heute Räumungen oft durch allgemeine Sicherheitsbedrohungen wie Bombendrohungen oder Amoklagen ausgelöst werden.
Zur Optimierung der Sicherheit im Ernstfall müssen Unternehmen und Einrichtungen verstärkt in präventive Maßnahmen und gezielte Schulungen investieren. Hierzu zählen umfassende Orientierungsmaßnahmen für Besucher und Kunden sowie klare Kommunikation und Beschilderung der Fluchtwege. Zusätzlich müssen regelmäßige und realistische Übungen durchgeführt werden, die auf die jeweiligen Besonderheiten der Gebäude und Nutzergruppen abgestimmt sind.
Nutzen wir die Erfahrungen aus der Räumung der Cityarkaden, um einen breiten gesellschaftlichen Dialog über Notfallmanagement und Evakuierungsstrategien anzustoßen. Nur durch kontinuierliche Verbesserung und Sensibilisierung der Bevölkerung können wir gewährleisten, dass Menschen im Ernstfall nicht nur schnell, sondern vor allem sicher handeln.
Seien Sie Teil der Lösung und engagieren Sie sich aktiv für ein besseres Verständnis von Sicherheit und Notfallverhalten in Ihrem Unternehmen und Ihrer Gemeinde.
Rechtlicher Verweis:
Auch im §45 AStV (Arbeitsstättenverordnung) ist geregelt, dass Räumungs- und Brandalarmübungen für Betriebe mit Brandschutzbeauftragten jährlich durchzuführen sind.